6. Die Evolution von Hierarchien

Hierarchien sind ein Basisprinzip evolutionärer Prozesse. Die Hierarchie des Fortpflanzungs­erfolgs definiert, welche Elterntiere einen Teil des Genoms an die nächste Generation weiter­geben konnten. In komplexen Organismen, wie den meisten Wirbeltieren, sind Fort­pflan­zungs­­erfolge mit komplexen Hierarchiesystemen assoziiert, die oft über Einzelkriterien wie Stärke oder Körpergröße hinausgehen. Eines der komplexesten und am schwersten zu definierenden Hierarchiesysteme ist die Hierarchie der sozialen Stellung. Gleichzeitig sind gerade bei komplexen Lebewesen wie den Primaten soziale Hierarchien direkt mit dem Fortpflanzungserfolg assoziiert. Meist zeigt sich eine positive Korrelation zwischen Hierarchie­stufe und Fortpflanzungsgelegenheiten und somit indirekt auch mit dem Fort­pflanzungs­erfolg. Primaten sind allerdings erst seit Kurzem Bestandteil des Lebens. Vor etwa 55 Millionen Jahren (63) erschlossen sich spitzhörnchenähnliche Nagetiere die Laubwälder als Lebensraum, passten sich mehr und mehr diesem Lebensraum an, indem sie Greifhände und-füße, frontalere, das räumliche Sehen erleichternde Augen und ein immer größer werdendes Gehirn zur Reizverarbeitung in der vielseitigen Umwelt der Bäume entwickelten. Eigentlich ist „entwickeln“ nicht ganz richtig, da kein individuelles Tier diese Eigenschaften für sich entwickelte (wie Lamarck dies noch dachte). Vielmehr hatten Tiere mit diesen Eigenschaften offenbar mehr Nachkommen, waren also reproduktiv erfolgreicher als Tiere, bei denen diese Eigenschaften weniger stark ausgeprägt waren. Von Generation zu Generation hatten die Nachkommen immer stärker ausgeprägte Affeneigenschaften und etwas mehr als 50 Millionen Jahre später, vor 4,5 Millionen Jahren, hatten sich Affen ausgeprägt, die wir heute als die ersten Hominiden (Australopithecinen) ansehen. Für jede der Eigenschaften könnte man sich Hierarchien denken, so zum Beispiel für die Frontalstellung der Augen. Je stärker die Augen nach vorne ausgerichtet waren, umso größer wäre demnach die Wahrscheinlichkeit, dass das (halbe) Genom des entsprechenden Individuums in die nächste Generation gelangte. 

 

Wenn wir von Hierarchien reden, meinen wir heutzutage meist soziale Hierarchien, im Organisationswesen Entscheidungshierarchien. Leicht könnte man denken, Hierarchien seien eine Ausprägung komplexer menschlicher Gesellschaften und somit ein in der Evolution sehr neues Phänomen, möglicherweise ein Phänomen, das typisch für den Mensch ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. Hierarchien sind nicht nur mechanistischer Bestandteil der evolutionären Selektion, sondern finden sich in Tiergesellschaften schon lange vor den Affen.

Die Hummer Debatte

Anfang 2018 verbreitete sich ein Interview, das die britische „Channel 4“ Journalistin Cathy Newman mit dem kanadischen Psychologen Jordan Peterson geführt hatte, wie ein Lauffeuer im Internet. Peterson hatte zuvor Bekanntheit dafür erlangt, die Meinungsfreiheit auch gegen die medial propagierte Hauptmeinung zu behaupten („Freedom of speech“) und postmoderne Sprachregelungen und Sprachverbote abzulehnen. Insbesondere weigerte er sich, das Vorschreiben der Benutzung gender neutraler Pronomen jenseits von männlich und weiblich mandatorisch zu akzeptieren. 

 

Im Laufe des Interviews versuchte Newman, Peterson immer wieder Dinge in den Mund zu legen, die er so nicht gesagt oder zumindest nicht gemeint haben dürfte. („So you’re saying….“). Unter anderem unterstellte sie Peterson, er wollte sagen, wir sollten unsere menschlichen Gesellschaften wie Hummer organisieren („….you’re saying, we should organise our societies along the lines of the lobsters“). Selbstredend war dies nicht Petersons Absicht. Woher kam Newman auf diese absurd erscheinende Bemerkung?

 

In seinem Buch „12 Rules for Life“ (64) legte Peterson dar, dass die Ausprägung von Hierarchien kein modernes gesellschaftliches Phänomen unter Menschen ist, sondern in der Evolution immer wieder auftritt und schon bei phylogenetisch lange vor den Primaten entstandenen Linien zu beobachten ist. Als Beispiel nannte er Hierarchien bei Hummern. Newman schien der Bezug zu den Krebstieren offenbar so absurd, dass sie dachte, Peterson lächerlich machen zu können, indem sie ihm süffisant rhetorisch fragte, er würde also sagen wollen, dass wir unsere Gesellschaft wie Hummer organisieren sollten. 

 

Peterson wollte eigentlich nur darlegen, dass neurotransmittergebundene Belohnungssysteme wesentlich früher in der Evolution entstanden sind als wir und dass die Wirkung von Anti­depressiva in diesen Mechanismus eingreift. Bei einem Hummer, der gerade einen Zweikampf mit einem anderen Hummer verloren hat und sichtbar eine Defensivhaltung mit angezogenen Scheren einnimmt in dem Bestreben sich klein zu machen, sich zurückzuziehen, kann man demnach durch Zugabe von Antidepressiva bewirken, dass dieser sich wieder entfaltet. Beim depressiven Menschen wird mit Antidepressiva in diesen evolutionär uralten Mechanismus eingegriffen, um dem „geschlagenen“ Menschen die Kraft zurückzugeben, es wieder mit der Welt aufnehmen zu können. Die phylogenetische Trennung der evolutionären Linien, die jeweils zu Mensch und Hummer führten, erfolgte irgendwann vor 300-600 Millionen Jahren. Die Tatsache, dass ein derartiger Mechanismus sich über hunderte von Millionen Jahren erhalten hat sieht Peterson als Zeichen an, wie bedeutsam Hierarchien in der Evolution sind. 

 

Leider missverstand nicht nur Newman das Hummer Beispiel. Auch die Verarbeitung der Debatte durch gedruckte Presseorgane war keine Ruhmesgeschichte des Journalismus. Als das Interview sich so stark verbreitet hatte, dass auch die deutschen Medien es nicht mehr ganz ignorieren konnten, erschienen tatsächlich Artikel im Spiegel und in der Zeit. Leider versuchten auch diese Artikel eher Peterson zu diffamieren, als sich mit Sachargumenten an eine interessante Debatte heranzuwagen. Der Zeit Artikel bezeugte ein entsetzliches wissenschaftliches Unverständnis der Autoren und kann wohl bestenfalls als Beleg für den qualitativen Niedergang der ehemals seriösen Medienhäuser angesehen werden, sollte jedoch besser nicht zu Informationszwecken herangezogen werden (65).

 

Der wesentliche Punkt aus dieser Debatte ist, dass die Ausprägung von Hierarchien ein uraltes Phänomen ist, das die Evolution prägt, da die Stellung in Hierarchien bei vielen Organismen die Fortpflanzungswahrscheinlichkeiten beeinflussen, indem sie die Fortpflanzungsgelegenheitschancen des Individuums bestimmen. Dies ist auch beim Homo sapiens der Fall.  

Menschliche Hierarchien in Evolution und Geschichte

Traditionelle Jäger-und-Sammler-Gesellschaften haben in der Regel eher flache Hierarchien. Besitztümer spielen eine untergeordnete Rolle und der Alltag dreht sich um die Erfüllung der physiologischen Bedürfnisse (Nahrung), der Sicherheitsbedürfnisse (Unterkunft und Schutz vor Gefahren) und der sozialen Bedürfnisse (Leben in der Gruppe). In der Maslowschen Bedürfnispyramide sind dies in aufsteigender Reihenfolge die Basisbedürfnisse, die zuweilen auch als Defizitbedürfnisse bezeichnet werden, da bei deren Nichterfüllung ein Mangel eintritt. 

 

Die Spitze der Maslowschen Bedürfnispyramide stellen Individualbedürfnisse und Selbstverwirklichung dar, welche in Jäger-und-Sammler-Gesellschaften sicherlich weniger zur Geltung kommen (kamen). Diese werden zuweilen auch als Wachstumsbedürfnisse oder unstillbare Bedürfnisse bezeichnet. „Unstillbar“ zeigt an, dass diese Bedürfnisse eigentlich nie vollständige erfüllt werden können. Uns allen dürfte vertraut sein, dass sich keineswegs eine immerwährende Zufriedenheit einstellt, sobald ein Selbstverwirklichungsziel, auf das wir lange Zeit hingearbeitet haben erreicht ist. Bestenfalls stellt sich ein passageres Gefühl der Zufriedenheit ein, jedoch melden sich gleich wieder neue Wachstumsbedürfnisse, denen wir hinterherlaufen können. Das Streben nach mehr Erfüllung der Wachstumsbedürfnisse hat den Menschen zu enormen kulturellen und technischen Leistungen angespornt, jedoch auch die Gier als einen unseren sozialen Umgang mitbestimmenden Faktor installiert.

 

Auf Gesellschaftsebene müssen zunächst einmal die Basisbedürfnisse in der Gesellschaft erfüllt sein, bevor sich Individuen den Individualbedürfnissen und der Selbstverwirklichung zuwenden können. Damit sich gesellschaftlicher Fortschritt einstellen kann müssen die Basisbedürfnisse gar übererfüllt sein, denn erst dann können sich einzelne kreative Individuen mit Dingen beschäftigen, die nicht zur Erfüllung der Primärbedürfnisse benötigt werden. Interessanterweise ergaben sich gerade aus der Beschäftigung mit (nicht-essentiellen) Wachstumsbedürfnissen Möglichkeiten, in der sozialen Hierarchie aufzusteigen, z.B. indem ein Individuum in die Rolle eines religiösen Führers schlüpfte und somit den die Basisbedürfnisse erfüllenden Individuen vorgab, was sie zu denken hatten. Eine gewisse Autorität ist wohl auch notwendig, da sich die Schamanen von den Jägern und Sammlern durchfüttern lassen mussten (36).  

 

Ein Beispiel einer komplexen mittelalterlichen Gesellschaft mit Hierarchien

Die alte Reichsstadt Goslar beherbergte im 11. und 12. Jahrhundert die damals wichtigste Kaiserpfalz des Reiches, deren Gebäude heute noch besichtigt werden können. Goslar liegt fernab von ICE-Strecken, aber die wundervoll gut erhaltene Altstadt mit den prachtvollen Kirchen und Fachwerksensembles sind die Umstände mehrmaligen Umsteigens wert. Die Kaiserpfalz ist ein Symbol mittelalterlicher Macht in einer komplexen Gesellschaft, die bereits Schichten und Hierarchien ausgebildet hat. Im Gegensatz zur zentralisierten Macht im Römischen Reich (Rom) zog der Kaiser im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen von Pfalz zu Pfalz, weshalb die höchste politische Macht im Reich immer dort war, wo der Kaiser sich gerade aufhielt. Für den Alltag der Bauern hatte der Kaiser somit besten­falls symbolische Bedeutung, da er ja meist weit weg war und eher das Verhältnis zum lokalen Herrn von Belang war. 

 

Wenn man mit dem Zug von Goslar nach Wolfenbüttel fährt, fällt einem bei dem kleinen Örtchen Werlauburgdorf auf der linken Seite ein kleiner Burgturm mit dreieckigem Holzspitzdach und einer kleinen Mauer auf. Hierbei handelt es sich um die rekonstruierte Vorgängerpfalz, die noch im 10. Jahrhundert unter den Ottonen ein wichtiger Stützpunkt der kaiserlichen Macht in der Region war. Im Vergleich zu dem prachtvollen Palast in Goslar wirkt die Kaiserpfalz bei Werlauburgdorf geradezu niedlich. Beim Anblick dieser Kaiserpfalz scheint die bäuerliche Lebenswelt näher als in Goslar. Für die Bauern war nur der unmittelbare Lehnsherr sichtbar, an den sie Abgaben entrichten und für den sie Felder bewirtschaften mußten. 

 

Aber was war der erste Schritt von weitgehend egalitären Jäger-und-Sammler-Gesellschaften zur Ausprägung solch komplexer Machtsysteme wie dem mittelalterlichen Lehnswesen mit dem Kaiser an der Spitze?  

 

In Jäger-und-Sammler-Gesellschaften und auch in sesshaften Kulturen bis zum Einsetzen der industriellen Revolution mit einhergehender Bevölkerungsexplosion vor etwa 250 Jahren, lebten Menschen meist in einigermaßen überschaubaren Großgruppen von kaum mehr als 100 Individuen. Wer in einer Jäger-und-Sammler-Gruppe aufwuchs, kannte jedes andere Gruppenmitglied. Bei sesshaft gewordenen Dorfbewohnern kannte man sich auch gegenseitig und die Bewohner der Nachbardörfer waren in der Regel als Individuen zumindest vom Sehen her bekannt. 

 

Ganz anders in einer modernen westlichen Großstadtgesellschaft: Seit etwa 4 Jahren wohnt gegenüber meines Apartments ein junger Mann. Er ist sehr groß und wenn wir uns zufällig mal treffen, grüßen wir uns. Eigentlich scheint er ganz in Ordnung zu sein. Trotzdem kenne ich seinen Vornamen nicht. Es hat sich einfach nicht ergeben, dass wir uns irgendwann einmal vorgestellt hätten. Wir wohnen zwar gegenüber im selben Haus, aber unsere sozialen Geflechte haben keinerlei Überlappungen. Stattdessen gibt es Menschen, die auf einem anderen Kontinent wohnen, die wir besser kennen. In einer Jäger-und-Sammler-Gruppe oder aber auch in einem Bauerndorf vor bis zu 300 Jahren wäre es undenkbar, dass Bewohner gegenüberliegender Hütten sich nicht kennen würden. Stattdessen besteht mein soziales Gefüge aus lauter Menschen, die mehr oder weniger weit weg von mir wohnen, denen ich aufgrund gemeinsamer beruflicher Verbindungen regelmäßig begegne und die deshalb zu meinem sozialen Umfeld wurden. Würde ich meinen Arbeitsplatz verlieren oder wechseln, würde dieses Sozialgefüge sich unmittelbar auflösen. Ähnlich erginge es einem früheren Dorfbewohner, wenn er das Dorf verließe. Im Gegensatz zum modernen Arbeitnehmer könnte er jedoch in sein Dorf zurückkehren, während nach Arbeitsplatzverlust eine Rückkehr an den Arbeitsplatz heutzutage in der Regel nicht möglich ist. 

 

Obwohl derzeit soviele Menschen leben wie nie zuvor, ist die moderne postindustrialisierte Gesellschaft des 20. und 21. Jahrhunderts nur ein Wimpernschlag im Zeitstrahl der Geschichte. Die Atomisierung der modernen Gesellschaft mit Werteverlust von Familie und Liebe hat den Nebeneffekt, dass das Bevölkerungswachstum zurückgeht, was angesichts begrenzter Ressourcen zu begrüßen ist. Möglicherweise steuern Gesellschaften mit weiterhin hohem Bevölkerungswachstum auf katastrophale Verhältnisse zu (58).

 

Da unsere postindustrielle „oversexed and underfucked“ Gesellschaft wohl eher die evolutionäre Ausnahme darstellt, sollte sie, zumindest wenn man den Zeitrahmen als entscheidend ansieht, nicht als Modell für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaften nach der Sesshaftwerdung dienen. Interessanter ist der Blick in eine Zeit, in der Eltern- und Kindergeneration ein ähnliches Leben führten wie die Großeltern und Enkelgenerationen, in der Fortschritt noch über Generationen oder Jahrhunderte gemessen werden konnten und in der das Leben nicht von exponentiellem Wachstum geprägt war. Dies war bis vor etwa 300 Jahren der Fall.

 

An meinem Arbeitsplatz bestehen natürlich auch Hierarchien, allerdings sind diese nicht evolutionär wirksam. Meine Stellung in der Hierarchie hat nichts mit meinem (ausbleibenden) Fortpflanzungserfolg zu tun, es verbinden mich keinerlei familiäre oder Stammesloyalitäten mit meinen Kollegen. Sexuelle Anziehung mag im modernen Arbeitsleben zwar in seltenen Momenten kurz aufflackern, jedoch sind dies eher instinktive Verhaltensmuster aus vergangenen Generationen, die im modernen Arbeitsleben unerwünscht sind und sogar folgenreich sanktioniert werden können. Im Angestellten Arbeitsverhältnis des kooperativen Kapitalismus haben Liebe und Sexualität keinen monetarisierbaren Mehrwert und werden auf lange Sicht an Bedeutung verlieren, zumal die Risiken aufgrund von amourösen Gefühlsregungen, den Arbeitsplatz und die ökonomische Existenz zu verlieren für den abhängig Beschäftigten erheblich sind.

 

In einer Jäger-und-Sammler-Gesellschaft ist die Autorität über erjagte oder gesammelte Ressourcen eigentlich recht offensichtlich. Die Person, die ein Tier erjagt hat, oder essbare Pflanzen gesammelt hat, wird zumindest eine starke Mitsprache haben, wer an diesen Nahrungsmitteln teilhaben wird. Wahrscheinlich waren in solchen Gesellschaften besonders tüchtige und mutige Jäger und im Konfliktfall Kämpfer besonders hoch angesehen. Wenn solch tüchtige Jäger sich auch noch durch besondere Intelligenz auszeichneten, konnten sie ihren Stammesgenossen gut ausgedachte Jagdpläne erklären und sich zu Führungsfiguren entwickeln. Inwiefern in Jäger-und Sammler-Gesellschaften geschlechtsunterschiedliche Rollen ausgeprägt waren unterliegt Spekulationen. Beschreibungen der Sozialstrukturen in zeitgenössischen traditionell lebenden Gesellschaften legen jedoch Nahe, das diese sehr stark ausgeprägt waren (40). Da Homo sapiens Kinder sehr unreif auf die Welt kommen und noch jahrelang auf Unterstützung von außen angewiesen sind, um zu überleben, müssen wir davon ausgehen, dass Mütter in allen menschlichen Gesellschaften besonderen Schutz genossen und somit von vielen, insbesondere mit Gefahren verbundenen Aufgaben entbunden waren. Zudem haben Männer schlichtweg mehr Kraft und Ausdauer. Eine entsprechende Arbeitsteilung, bei der den Frauen eher Aufgaben im Lager/Heim zukamen, liegt also nahe. Somit ist davon auszugehen, dass sich in Homo sapiens Gruppen geschlechterspezifische Hierarchien ausgebildet haben mit Alpha Männern und Alpha Frauen, ähnlich, wie man es auch bei anderen Säugetieren, z.B. Wölfen, beobachten kann (66). Partnerschaften wurden dann wahrscheinlich auch, schon bevor sich tatsächliche Klassen ausgebildet hatten, bevorzugt standesgemäß geschlossen. Männer und Frauen mit hohem Ansehen, die also höher in den informellen, sich ausprägenden Hierarchien standen, hatten wohl auch im Ganzen bessere Chancen, sich zu verpaaren und fortzupflanzen. Für den Nachwuchs wollten sie dann immer nur das Beste und setzten ihren Einfluss in der Gruppe so ein, dass ihre Kinder davon profitierten. In den eigenen Eltern hatten Kinder ranghoher Eltern starke Fürsprecher, wodurch sie bessere Chancen hatten, in sich andeutenden Hierarchien ebenfalls gut „nach oben“ zu kommen. Sobald Gesellschaften sich zu differenzieren begannen mit Ausprägung von Spezialisierungen („Berufen“), erlernten die Kinder, insbesondere die Söhne, ihr Aufgabenfeld von den Eltern (der Sohn vom Vater). Nach der Sesshaftwerdung mit der einhergehenden Anhäufung von Gütern gab es auch etwas von einer auf die Folgegeneration zu vererben. Glücklich waren die Kinder, deren Eltern das größte Haus im Dorf hatten, weil sie so tüchtig oder auf andere Weise erfolgreich waren. Die Kinder erbten dieses Haus und damit auch (zumindest teilweise) den Status der Eltern. Über Generationen bildete sich eine Schicht aus, deren „Beruf“ darin bestand zu herrschen bzw. schlichtweg privilegiert zu sein. Wenn diese privilegierte Stellung in einer Gesellschaft vererbt wird, bildet sich ein Adel aus.