14. Zugang zur Ressource genetische Optimierung
Menschliche Gesellschaften sind durch Hierarchien geprägt, die als Selbstverständlichkeit für die Organisation menschlichen Zusammenlebens hingenommen werden. Inwiefern die vorgeschichtlichen Sozialgefüge menschlicher Gruppen, die als Jäger und Sammler lebten, Hierarchien ausprägten lässt sich mangels schriftlicher Berichte kaum beurteilen. Aber spätestens mit der Sesshaftwerdung bildeten sich hierarchische Gesellschaften aus. Gleichheit wurde erst in den letzten 200 Jahren zu einem zentralen gesellschaftlichen Wert und in den letzten 50 Jahren des 20. Jahrhunderts sind die Gesellschaften tendenziell gleicher geworden, jedoch sollten wir nicht davon ausgehen, dass diese Entwicklung anhält. Stattdessen werden die Anzeichen einer immer größer werdenden Konzentration von Reichtum und Macht deutlicher (108). Dass die Verteilungsdefizite dauerhaft durch Wachstum und „Trickle down“ vertuscht werden können, ist auch in wirtschaftlich starken Staaten unwahrscheinlich.
Die Stellung eines Individuums in der Gesellschaft kann von mehreren Faktoren abhängen, wobei Abstammung und Besitz in der Regel eine große Rolle spielen. Macht wurde und wird in Feudalsystemen in Familien weitervererbt. Auch heute noch hängen die Stellung in der Gesellschaft und die Chancen, diese zu verbessern, stark vom Elternhaus, dessen Status und Reichtum ab. Die soziale Stellung in einer zumindest in Teilen meritokratischen Gesellschaft kann auf individueller Ebene durch Aneignung von Wissen und Fertigkeiten gefördert werden (Bildung). Aufstieg durch Bildung ist eine der wichtigsten Verheißungen einer Gesellschaft, die Chancengleichheit idealisiert. Ein genetisches Fundament von Überlegenheit bestimmter Gruppen wurde zwar immer wieder proklamiert, z.B. von den Nationalsozialisten, welche die Überlegenheit der „arischen Rasse“ proklamierten, jedoch waren dies ideologische Behauptungen und nicht die Feststellung tatsächlicher genetisch bedingter Unterschiede: Seit ca. 40.000 Jahren, als der Neanderthaler ausstarb gehören alle menschlichen Individuen der Art Homo sapiens an.
Über die Sozialstrukturen des Homo sapiens in den etwa 300.000 Jahren seiner Existenz können wir nur spekulieren. In heutigen Jäger-und-Sammler-Kulturen sind Spezialisierungen (Berufe) kaum ausgeprägt und die Gesellschaften erscheinen wesentlich egalitärer und weniger hierarchisch, als dies bei sesshaften Kulturen zu beobachten ist (40). Wahrscheinlich waren die Sozialstrukturen unserer Vorfahren also die meiste Zeit menschlicher Existenz egalitärer als die Sozialstrukturen in Gesellschaften, die die neolithische Revolution mit Sesshaftwerdung und Feldbau durchlaufen haben.
Für die Zeit nach der der neolithischen Revolution (in Europa etwa die letzten 3000 Jahre, an einigen Orten vielleicht die letzten 12-14.000 Jahre) interessieren sich zunächst einmal die Archäologen und schließlich, insbesondere wenn Schriftkulturen untersucht werden, die Historiker. Im Gegensatz zu den Paläontologen, die sich für Jahrmillionen menschlicher Entwicklungsgeschichte zuständig fühlen, sind Archäologen und Historiker sehr wählerisch und interessieren sich für den doch sehr kurzen Zeitraum am rechten Ende des Zeitstrahls. Da ergibt sich, zumindest bei Historikern, die daran glauben, dass sich die Werte der Aufklärung durchsetzen, folgendes Bild: Hierarchien und soziale Ungleichheit, die seit der Sesshaftwerdung Jahrtausende lang menschliche Gesellschaften prägten, wurden erst in den letzten paar hundert Jahren durch die demnach recht neuen Werte Gleichheit und Gerechtigkeit in Frage gestellt.
Hierarchien und Ungleichheit wurden in der Menschheitsgeschichte in den meisten Kulturen als natürlich bzw. als von göttlichen Mächten gegeben angesehen und oft wurde der Platz in der sozialen Hierarchie durch die Geburt bestimmt. Natürlich ist die Welt im 21. Jahrhundert weit davon entfernt, eine gerechte Welt mit Chancengleichheit zu sein, aber immerhin gibt es die Idee der Chancengleichheit und Gerechtigkeit, die fast überall den politischen Diskurs prägt. Hinsichtlich der biologischen Wertigkeit gelten alle Menschen als gleich, Rassismus wird abgelehnt. Die Ungleichheit der Menschen bzw. die Ungleichwertigkeit in der Gesellschaft sind somit rein sozialer und wirtschaftlicher Natur.
Rassistische Argumente dienten in der Menschheitsgeschichte immer wieder dazu, Ressourcen- und Landraub sowie Völkermord zu legitimieren. So galten die Eingeborenen Amerikas den Siedlern als unterlegene Rassen, die zur Schaffung neuer Siedlungsgebiete bekämpft, vertrieben und ermordet werden durften. Rassistische Wertigkeitshierarchien sind auch wissenschaftlich nicht haltbar, da der Homo sapiens die einzige überlebende Menschenart auf der Erde ist. Wir müssen also konstatieren, dass spätestens mit dem Aussterben der letzten anderen Menschenarten (Denisova Mensch, Neandertaler) alle Menschen auf der Erde genetisch gleichwertig sind (nicht gleich – dann wären wir alle Klone voneinander).
Mit der absehbaren Möglichkeit, durch Eingriffe am menschlichen Genom „Verbesserungen“ vorzunehmen, wird diese genetische Gleichheit bald der Vergangenheit angehören. Es sei denn solche Eingriffe lassen sich international dauerhaft bannen und verhindern. Wenn der Homo sapiens damit beginnt, aktiv sein Genom zu verändern, werden sich in kurzer Zeit genetische Ungleichheiten manifestieren, die tatsächlich dazu führen könnten, dass auch die genetische Gleichwertigkeit in Frage gestellt wird und dass es irgendwann tatsächlich de facto überlegene und vergleichsweise unterlegene Menschenarten gibt. Welche Faktoren den Zugang zur genetischen Optimierung von Menschen bestimmen, wird die Entwicklung entscheidend mitbeeinflussen. Je nachdem an welche gruppenbestimmenden Faktoren der Zugang zur genetischen Optimierung gekoppelt ist, werden genetische Ungleichheiten zwischen Ländern und gesellschaftlichen Schichten entstehen (80).
Kopplung an Reichtum
Unter dem derzeit global dominierenden neoliberalen Wirtschaftssystem erscheint es am wahrscheinlichsten, dass Zugang zur genetischen Selbstoptimierung bzw. der Nachwuchsoptimierung am ehesten von Reichtum abhängig sein wird. Möglicherweise werden unter denen, die es sich leisten können, gerade die maß- und hemmungslosesten am schnellsten „genetisch aufsteigen“. Zur Gier nach Geld und Status wird die Gier nach genetischer Überlegenheit kommen. Genetische Optimierung, die an Reichtum gekoppelt ist hat somit eine doppelt erbliche Komponente: Erstens werden durch optimierende Keimbahneingriffe „bessere Erbanlagen“ genetisch vererbt und zweitens wird der materielle, bzw. Geldreichtum vererbt, wodurch sich dem Nachwuchs reicher Eltern auch zu Lebzeiten mehr Möglichkeiten bieten, die Möglichkeiten moderner medizinischer und genetischer Verfahren in Anspruch zu nehmen.
Kopplung an Staatsangehörigkeit
Höherzüchtung der Menschen in einem Staat mag wie eine übermäßige Steigerung eines ethnisch-völkisch geprägten Nationalismus anmuten und somit im gegenwärtigen Diskurs eher Ablehnung hervorrufen. Allerdings sind der Staat oder die Nation als Stratifizierungsebene genetischer Optimierungsbemühungen alles andere als abwegig. Auch haben andere Nationen keine derart vorbelastete Geschichte, so daß die genetische Verbesserung der Staatsbürger salonfähiger wäre als in Deutschland.
Weltweit sind Solidarsysteme modernere Makrogesellschaften an die Organisationsebene „Staat“ gekoppelt. Gerade in stark individualisierten Gesellschaften kann der Einzelne nicht mehr auf natürliche Solidarsysteme wie Familie oder Großfamilie und schon gar nicht auf Clan- oder Stammesstrukturen zurückgreifen. Vielmehr ist in solchen modernen, individualisierten Gesellschaften der Staat die wichtigste Organisationsebene solidarischer Gemein- und Sozialsysteme. In Deutschland ist z.B. die Rentenversicherung über die „Deutsche Rentenversicherung“ auf Staatsebene organisiert. Bei der tatsächlichen Implementierung sozialer Sicherungssysteme finden sich natürlich auch of Strukturen unterstaatlicher Ebenen, so sind z.B. berufsständische Versorgungswerke, wie die ärztlichen Versorgungswerke, auf Bundesländerebene organisiert. Dennoch gibt es auf Nationalstaatsebene koordinierende Instanzen, die dafür sorgen, dass auch auf Landes- oder Regionalebene organisierte Solidarsysteme im gegenseitigen Einvernehmen operieren.
Mit dem Staat oder der Nation als wichtigster Organsiationsebene der Solidarsysteme und der Ressourcenverteilung wird die Frage, wer zum Staat oder der Nation gehört, organisationspraktisch relevant. Wer gehört zu welchem Solidarsystem und wird im Bedarfsfall versorgt? Sollte sich die Leistungsauszahlung primär an Bedürftigkeit oder eher am geleisteteten Beitrag des Einzelnen zur Solidargemeinschaft orientieren? Die Aufnahme hunderttausender Einwanderer in Deutschland hat die Frage, ob sich Sozialleistungen eher an den vom Einzelnen z.B. durch Beiträge zur Solidargemeinschaft erbrachten Leistungen orientieren sollten oder ob doch eher die Bedüftigkeit ausschlaggebend sein sollte, beunruhigend weit oben auf der Liste offener politischer Herausforderungen angesiedelt.
Im 20. Jahrhundert waren der Staat bzw. die Nation das wichtigste Stratifizierungsniveau. Die Geschichte des 20. Jahruhunderts zeigt auch die Problematik nationalistischer Überhöhung auf. Im Deutschen Reich haben sich im 20. Jahrundert die wichtigstens Solidarsysteme wie die Unfall- Kranken- und Rentenversicherung etabliert. Diese waren auch Vorbild für Solidarsyteme in anderen Ländern der Erde. Auch war der technisch-wissenschaftliche Fortschritt im Deutschland des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert beeindruckend. Allerdings war in Deutschland die völkisch definierte Nation auch die Diskriminierungsebene für Kriege und mörderisch selektionierende Eugenikmaßnahmen, die mit einer elaborierten rassistischen Selektionstheorie einhergingen. In Folge der Verbrechen des Dritten Reiches, erfuhr das Volk der Deutschen internationale Ächtung, aus der zuweilen ein bis heute wirkender Schuldkomplex abgeleitet wird. Hierdurch fällt es uns nach wie vor schwer über ethnische Differenzierungen in der Welt zu sprechen und auch über das Konzept der Nation und des Nationalstaats, auf dessen Ebene zahlreiche Solidarsysteme organisiert sind, wird in Deutschland nicht gerne geredet.
Lange bevor Solidarsysteme auf Nationalstaatsebene organisiert wurden, gehörte das Militär zu Staatsapparaten. Erst durch staatlich organisierte Armeen erlangten Kriege ihre volle destruktive Kraft und manifestierten sich als „totale Kriege“, in denen, z.B. im Dreißigjährigen Krieg im 17. Jahrhundert, die Zivilbevölkerung voll und ganz in Mitleidenschaft gezogen wurde. Auch heute noch dominiert die Konkurrenz zwischen Staaten die weltpolitische Agenda. Ob die Bürger der betroffenen Staaten einen Konflikt mit einem anderen Staat wollen, spielt gewöhnlich keine Rolle. Die demokratischen Elemente in repräsentativen Demokratien beschränken sich auf Legitimationsrituale wie Wahlen, erlauben jedoch kaum Mitsprache bei essentiellen politischen Entscheidungen wie denen über Krieg und Frieden (109, 110).
Ein genetisches Wettrüsten mit Bemühungen, den Genpool auf nationalstaatlicher Ebene hochzuzüchten, könnte also nur noch eine Frage der Zeit sein (oder gar schon auf dem Weg sein). Spekulationen darüber, welche Länder an einem genetischen Wettrüsten teilnehmen werden und sich belauern werden, überlasse ich dem Leser. Allerdings wird jedem klar sein, dass Zurückhaltung beim Einsatz genetischer Optimierungsmethoden sehr schnell zu einem genetischen Rückstand führen kann. Selbst bei breiter Ablehnung genetischer Optimierung, kannn man sich plötzlich gezwungen sehen „mitzumachen“.
Kopplung an rassistische Kriterien
Die eugenischen Verbrechen im Nationalsozialismus bezogen ihre pseudowissenschaftliche Legitimation aus einer zutieftst rassistischen Ideologie. Gerade in Deutschland können wir uns nach den vielen Toten, die diese Rassenideologie verursacht hat, kaum vorstellen, dass rassistische Kriterien eine neue Eugenikbewegung, diesmal durch gezielte genetische Manipulationen, befeuern könnten. Obgleich auch international die Rechtssysteme rassistische Diskriminierungen hinter sich gelassen haben, spielt Rassismus nach wie vor eine große Rolle im Zusammenleben der Menschen bzw. beim Erschweren dieses Zusammenlebens. Multiethnische Gesellschaften sind z.B. auf dem Afrikanischen Kontinent üblich, da hier die Grenzen von Staaten unter vollkommener Ignoranz existierender Stammesgebiete von den Kolonialmächten definiert wurden. Die Machtzirkel um einen Staatspräsidenten werden oftmals bevorzugt mit Mitgliedern der eigenen ethnischen Gruppe besetzt und entsprechend wird dann Klientelpolitik zu Gunsten dieser Gruppe betrieben (111). Die ethnische Zugehörigkeit bei der Machtverteilung und Legitimierung durch Wahlen ist also wichtiger als politische Programme.
Bürgerkriege, wie der auf den Zerfall Jugoslawiens folgende Bürgerkrieg Mitte der 1990er Jahre werden nach wie vor entlang national-ethnischer Trennlinien ausgefochten. Noch deutlicher traten ethnisch-rassistische Trennlinien zwichen Hutus und Tutsis im ruandischen Bürgerkrieg zutage. Die Propagandanarrative waren ungehemmt rassistisch und gipfelten im ruandischen Völkermord im Jahr 1994, der etwa 1 Million Menschenleben kostete (112).
Hier liegt eines der größten Dilemmata deutscher Friedensforscher: Das Rassismuskonzept wird zwar abgelehnt, was zur ethisch und moralischen Gestaltung einer Gesellschaft sicherlich zu begrüßen ist, zur Beschreibung von Kriegen und Bürgerkriegen kommt man jedoch nicht darum herum, ethnische Trennlinien anzuerkennen. Das Wort Rasse ist dann lediglich durch ethnische Gruppe ersetzt worden.
Alle derzeit lebenden Menschen gehören der Art Homo sapiens an, haben also starke (> 99%) genetische Übereinstimmungen. Natürlich sind wir genetisch nicht alle vollkommen identisch (das wäre der Fall, wenn wir uns durch klonales Wachstum unter Weitergabe des kompletten gleichbleibenden Genoms über die Generationen entwickelt hätten). Es gibt genetische Unterschiede zwischen allen Individuen (außer bei eineiigen Zwillingen deren Genom tatsächlich identisch ist). Innerhalb einer ethnischen Gruppe sind die genetischen Unterschiede schwächer ausgeprägt als im Vergleich zum Rest der Menschheit. Dies macht leider prinzipiell die Entwicklung genetisch gesteuerter Massenvernichtungswaffen denkbar, deren Angriffpunkt eine bestimmte Genkonstellation ist, die sich nur bei einer bestimmten ethnischen Gruppe, hier dann aber bei allen Angehörigen dieser Gruppe findet. Gegen den Einsatz von Massenvernichtungswaffen sprechen bislang neben ethisch-moralischen Verhinderungsgründen auch rational-strategische Gründe. Insbesondere muss die einsetzende Gruppe damit rechnen, selbst massiv geschädigt zu werden (durch Exposition gegenüber der eigenen Massenvernichtungswaffe oder den Gegenschlag der Gegenseite). Das Schlimme an einer genetisch gesteuerten Massenvernichtungswaffe wäre die Tatsache, dass im Gegensatz zu allen anderen Massenvernichtungswaffen die Selbstschädigungsgefahr bei Einsatz der Massenvernichtungswaffe entfiele.
Weniger extrem als ethnisch differenzierende Waffen (und somit naheliegender) sind optimierende Eingriffe in das Genom von Angehörigen einer bestimmten ethnischen Gruppe. Da Staaten und Gesellschaften heutzutage immer weniger ethnisch homogen sind, würden genetische Optimierungskampagnen, die sich auf eine ethnische Gruppe konzentrieren, im Gegensatz zur genetischen Optimierung auf Staats- oder Nationenebene, zu Trennlinien innerhalb von Gesellschaften bis hin zu einem System genetischer Kasten führen.
Eine denkbare Optimierung, die angestrebt werden könnte, ist die Verlängerung der Lebenszeit. Am ehesten wird solch ein Eingriff wohl reichen Menschen offenstehen.
Unsterblichkeit – Ray Kurzweil
Ray Kurzweil, Leiter der Entwicklungsabteilung bei Google und Millionär, möchte unsterblich werden. Nicht im Sinne von für immer in kollektiver Erinnerung zu bleiben, sondern im wörtlichen Sinne: Unsterblich. Er möchte für immer leben und zählt dabei auf exponentielle Fortschritte der Medizin, Gentechnik und Nanotechnik in den kommenden Jahren. Allerdings könnte es für ihn doch etwas eng werden. Selbst im Jahr 1948 geboren, hat er 2018 das 70te Lebensjahr überschritten. Die Endregionen unserer Chromosomen, die sogenannten Telomere, werden im Laufe des Lebens durch permanente Zellteilungen immer kürzer und büßen somit ihre das Chromosom stabilisierende und schützende Funktion immer mehr ein. Wenn also unser Genom mit uns altert, müsste für Kurzweils persönlichen Unsterblichkeitsplan entweder eine Methode entwickelt werden, auch das Genom zu verjüngen, oder er müsste, je nachdem, wann die ihm Unsterblichkeit einbringenden Methoden verfügbar sind, bis in alle Ewigkeit als alter oder sehr alter Mann leben. Für Ray Kurzweil selbst ist also die Frage, ob er lange genug überlebt, um für immer leben zu können. Hierbei zählt er auf drei Brücken zur Unsterblichkeit (113):
Brücke 1 (jetzt)
Das Ziel der ersten Brücke ist die Vermeidung der häufigsten Todesursachen, die gemäß Kurzweil die folgenden seien:
- Artherosklerose
- Übersäuerungsungleichgewicht im Säure-Basenhaushalt
- Blutzuckerhaushaltsstörungen aufgrund zu kohlenhydratreicher Nahrung
Entsprechend besteht Brücke 1 aus einem gesunden Lebensstil mit gesunder kohlenhydratarmer Ernährung, der Vermeidung zucker-, säure- und alkoholhaltiger Getränke und einem ausgewogenen Bewegungsregime.
Um in möglichst gutem Zustand die Brücken zur Unsterblichkeit zu überschreiten, betreibt Kurzweil einen erheblichen Aufwand, gesund zu leben, investiert täglich tausende von Dollar für vermeintlich gesunde Ernährung mit zahlreichen teuren Nahrungsergänzungsmitteln und allen möglichen Pillen und zählt darauf, dass die von ihm als Brücken zur Unsterblichkeit genannten Technologien Gestalt annehmen.
Brücke 2 (2025-2030)
Mit der zweiten Brücke komme die Biotechnologie ins Spiel, die aufgrund atemberaubender Fortschritte schon bald zur Lebensverlängerung und schließlich Unsterblichkeit beitragen würde.
Von pharmakologischer Seite glaubt Kurzweil an die baldige Verfügbarkeit eines Medikaments, das den Energiestoffwechsel des Körpers optimieren wird, so dass überschüssige Kalorienaufnahme nicht mehr länger zu Fettleibigkeit, Artherosklerose, Diabetes und anderen unserer zuweilen ungesunden „Überernährung“ geschuldeten Wohlstandskrankheiten führe. Als Vorgängermedikament einer „sündenfreien Völlereipille“ sieht er ein Medikament, dass übermäßige Nahrungsaufnahme verhindert, in dem es dem Körper die Einnahme einer Mahlzeit vortäuscht und ihn Fett verbrennen lässt, den Zuckerhaushalt optimieren lässt und Entzündungsprozesse eindämmt. Mit einem Medikament namens Fexaramin habe man bei Mäusen bereits vielversprechende Ergebnisse erzielt.
Für mich klingt dieses Medikament zunächst einmal nach einer für einen von aneorektischen Essstörungen betroffenen Menschen äußerst attraktiven Substanz, deren gesundheitsfördernder Effekt erst einmal demonstriert werden müsste. Heroinabhängige verlieren auch oft an Gewicht…
Wem pharmakologische, also an ein Medikament gebundene Ansätze zu altbacken erscheinen, für den hat Kurzweil noch andere Ansätze im Repertoire: Genetisch modifizierte Zellen, die sensitiv für erhöhte Blutfettspiegel sind und dem Körper ein Saturierungsgefühl vermitteln. Vorher fettgefütterte Mäuse, denen nach Implantation dieser Zellen weiterhin diesselbe hochkalorische Nahrung angeboten wurde, fraßen deutlich weniger und verloren ihr Übergewicht (114).
Brücke 3 (um 2045)
Die dritte Brücke ist für Kuzzweil die Integration technischer und biotechnischer Elemente in den Menschen. Auf mechanischer Ebene würden Nanoroboter in Zellgröße Körperfunktionen unterstützen und übernehmen, Infektionen bekämpfen, Schäden reparierien, Verschleiß sanieren und genetische Adaptationen nach Bedarf vornehmen. Durch Verschmelzung mit Körpersystemen sind auch gezielte Verbesserungen und Erwerb neuer „übernatürlicher Fähigkeiten“ denkbar, wie der Fähigkeit unter Wasser zu atmen oder durch Anschluss an neuronale Netzwerke Computerwissen mit menschlichen Kognitivprozessen zu verbinden, so dass unser Hirn in der Lage sein werde, Wissen abzurufen, das extrazerebral (z.B. im Internet) abgelegt ist. Kurzweil bietet einen Fragebogen an, mit dem man spezifische Empfehlungen für die eigenen Bedürfnisse erhalten kann. Da ich in gutem Essen und Wein einen Quell großer Lebensqualität sehe, die ich mir nicht verderben möchte, habe ich davon abgesehen, weiter zu recherchieren, was der Fragenbogen enthält. Die auf der Fragebogenstartseite dargestellte „Diet supplementary“ Packung sah für mich auch nicht unbedingt so aus, also könne Sie mir ebenso viel Lebensqualität bringen, wie eine schmackhaftbekömmlich, konventionell zubereitete Mahlzeit.
Prognosen sind schwierig, insbesondere, wenn sie die Zukunft betreffen. Wenn wir heute die Zukunftsszenarien voll fliegender Autos, die Anfang des 20. Jahrhunderts aufgestellt wurden betrachten, sind diese sicherlich amüsant, allerdings finden wir bestenfalls Elemente dieser Szenarien verwirklicht. Im Ganzen müssen wir feststellen, dass sie meist mit der eingetretenen Wirklichkeit wenig zu tun haben. Allerdings erscheint es durchaus realistisch, dass Verbesserungen am Menschen nur noch eine Frage der Zeit sind, wenn diese in der Umsetzung auch ganz anders ausfallen könnten, als es sich Kurzweil oder andere Zukunftspropheten ausgemalt haben. Was allerdings eine fast unvermeindliche Konsequenz von „Verbesserungen“ am Menschen sein wird, ist die Frage, wer davon wie und unter welchen Bedingungen profitieren sollte. Und auf Wessen Kosten? Wenn alle Menschen länger lebten, oder gar unsterblich wären und sich dennoch weiterhin fortpflanzten, würde es bald sehr eng auf der Welt werden. Reiche und Priviligierte, die Ihr Leben verlängerten oder gar unsterblich würden, hätten also ein Interesse daran, dass der Großteil der Menschheit keinen Zugang zur Lebensverlängerung hat. Oder anders ausgedrückt: Die gewonnenen Lebensjahre der Priviligierten werden durch verlorene Lebensjahre anderer Menschen ausgeglichen werden.
Geburtenkontrolle im 21. Jahrhundert
Heute wird der Begriff der Geburtenkontrolle eher nicht mehr in seiner rassistisch selektierenden Interpretation aufgefasst, sondern eher als Konzept zur quantitativen Fortpflanzungsbegrenzung angesehen. Mit derzeit 7.6 Milliarden Menschen trägt unser Planet möglicherweise schon mehr Homo sapiens, als die Menschheit verträgt. Geburtenkontrolle im Sinne von quantitativer Fortpflanzungsbegrenzung scheint zumindest in Weltregionen mit hohem Bevölkerungswachstum wie Afrika, dem Nahen Osten oder dem indischen Subkontinent vor allem im Sinne der dort lebenden Menschen dringend geboten. Afrika wird zwischen 2015 und 2050 seine Bevölkerung von 1,2 Milliarden auf 2,5 Milliarden Menschen mehr als verdoppeln. Auf dem indischen Subkontinent ist das Bevölkerungswachstum inzwischen schon gesunken, allerdings ist die Bevölkerungsdichte hier bereits heute sehr hoch. Indien hatte 2019 eine Bevölkerungsdichte von 419 Einwohner pro km2, Bangladesch von 1105 Einwohner pro km2. In beiden Ländern ist das Bevölkerungswachstum inzwischen auf 1% zurückgegangen, was jedoch immer noch zu einer Bevölkerungsverdoppelung innerhalb von 70 Jahren führen würde, wenn dieses Wachstum anhielte. In Zukunft ist damit zu rechnen, dass insbesondere in den fruchtbaren und dicht besiedelten Flussdeltas des indischen Subkontinents Land verloren gehen wird, sei es durch Anstieg des Meeresspiegels, Landabsenkung durch Grundwasserstockausbeutung und Baulastdruck oder aber auch Überflutungen mit Versalzung der Böden.
Somit müssen wir uns eingestehen, dass auch Elemente geographisch differenzierender Geburtenkontrolle erwägenswert sind. In Regionen, in denen heute schon Mangel und Armut herrschen sind Geburtenkontrollmassnahmen dringend notwendig, um katastrophenresilient zu sein. Gleichzeitig liegt das Bevölkerungswachstum in Europa, Russland und Japan bereits deutlich unter der für die Erhaltung der bestehenden Bevölkerung (ohne Zu- und Abwanderung) erforderlichen Quote von 2,1 Kindern pro Frau (90). Hier wäre eine höhere Geburtenrate sogar begrüßenswert.
Das Wort Geburtenkontrolle klingt jedoch etwas autoritär, als ob es sich zwangsläufig um eine von oben verordnete Zwangsmaßnahme handeln müsse. In den europäischen Ländern hat sich jedoch ein Rückgang der Geburten durch Einbeziehung des weiblichen Bevölkerungsteils in die Erwerbsarbeit ergeben. Im Rahmen der feministischen Ideologie wurde dies erfolgreich als Akt der Befreiung angepriesen. Für die kapitalistische Wirtschaft westlicher Länder wurde hierdurch ein enormes Arbeitskräftepotential freigesetzt. Die familiäre Lebensgestaltung wurde zunehmend gering geschätzt und der Beruf rückte ins Zentrum der Selbstverwirklichung. Für die Wirtschaft stieg das Angebot an Arbeitskräften, was die Lohnkosten reduzierte und ein beträchtliches Wirtschaftswachstum ermöglichte. Der ursprüngliche Akt der Befreiung durch Erwerbsarbeit ist für viele Frauen inzwischen von einer Möglichkeit zur Lebensgestaltung zu einem ökonomischen Sachzwang geworden.
In westeuropäischen Ländern sind die Reproduktionsziffern inzwischen deutlich unter der Reproduktionsziffer von 2,1. In Deutschland wurden 2019 etwa 1,5 Kinder pro Frau geboren, wobei diese Ziffer schon eine Steigerung durch Einwanderung gegenüber 1,3 bei deutschen Frauen ohne Migrationshintergrund darstellt. Sollte die angestrebte Integration von Einwanderern in die deutsche Gesellschaft mit der damit verbundenen Erwerbsarbeit gelingen, wird deren Fertilität ebenfalls wieder abnehmen.
Bemerkenswert ist die Entwicklung im Iran, wo 1988 nach Ende des mörderischen Irak-Irankrieges eine Volkszählung durchgeführt wurde, bei der das Bevölkerungswachstum von 3,9% als alarmierend eingestuft wurde, da das Land bei anhaltendem Bevölkerungswachstum in Armut und Umweltzerstörung versinken würde. Den iranischen Demographen gelang es damals, die religiöse Führung zu überzeugen, dass hohe Fruchtbarkeitsraten nicht mehr im Interesse des Landes waren. Die Regierung startete daraufhin eine „Lebensqualitätskampagne“ mit Familienplanungskursen, Gratis-Verhütungsmitteln, die überall leicht verfügbar waren, sowie einer Bildungsoffensive, die das Bildungsniveau junger Frauen, insbesondere in ländlichen Gebieten, drastisch erhöhte. Der derzeit noch langsam erfolgende Bevölkerungsanstieg ist ausschließlich durch Zuwanderung, insbesondere aus Afghanistan, begründet, so dass inzwischen eine Wende in der Bevölkerungspolitik, die wieder zu mehr Kindern ermutigen soll, eingeleitet wurde (91).
Verwendung menschenmanipulierender Methoden für militärische Zwecke
„Science made us deadly“ ziert den Innenumschlag des Buches „Sapiens“ von Yuvel Harari. Mir als Wissenschaftler hat diese Feststellung zunächst einmal wehgetan, da ich den Wissenschaften gegenüber natürlich eine positive Grundhaltung einnehme. Wie schon bei den bewundernswerten Erkenntnissen der Physik im 20. Jahrhundert, die uns neue Weltbilder aber auch die Atombombe verschafften, ist auch bei den Biotechnologien zu befürchten, dass der wissenschaftliche Fortschritt von Ethik und Moral abgekoppelt voranschreitet. Angesichts zehntausender Toter in Hirohima und Nagasaki und der potentiellen Zerstörung der Menschheit durch Massenvernichtungswaffen, möchte ich den katholischen Klerikern des 16. und 17. Jahrhunderts zugestehen, dass es nicht zwangsläufig ein moralisch verwerfliches Konzept sein muss, sich wissenschaftlichen Erkenntnissen zu verschließen und sich dem Fortschritt in den Weg zu stellen.
Wissenschaft ist leider nicht frei von externen Interessen und die äußeren Interessen sind, wenn es um die Nutzung von Wissen und Technologien zum Nutzen durch Menschen in Machtpositionen geht, traditionell mit militärischen Anwendungen zur Unterwerfung oder Vernichtung von konkurrierenden Gruppen oder Völkern verbunden. Nazi-Deutschland war auch bei der physiologischen Optimierung von Soldaten für den Kampf in einer zweifelhaften Vordenkerrolle, wobei die Impulse 1945 von der US Army mehr oder weniger dankbar aufgenommen wurden. Damals waren genetische Eingriffe natürlich noch undenkbar, aber den Bemühungen der Nazis, pharmakologisch die Kampfkraft der Soldaten zu erhöhen, verdanken wir die noch heute weit verbreiteten Amphetamine. Pervitin, ein Amphetamin wirkte als Aufputschmittel und wurde von der Wehrmacht eingesetzt, um Soldaten die Angst zu nehmen und Müdigkeit und Erschöpfung zu überspielen, wobei sich jedoch schon bald zeigte, dass die Nebenwirkungen einem Wehrmachtsoldaten für mehrere Tage nach dem aufgeputschten Einsatz zusetzten und dass durch Pervitin verschobene Müdigkeit und Erschöpfung nach Abklingen der Droge umso stärker einsetzten (115).
Im Grunde baut das MKULTRA -Programm des amerikanischen CIA, welches von 1953 bis 1970 lief und zum Ziel hatte, Methoden der Bewusstseinskontrolle zu entwickeln, auf den Vorarbeiten der Nazis auf. Erforscht wurden Möglichkeiten zur Bewusstseinkontrolle aber auch zur Einschränkung der Fähigkeit, im Verhör Aussagen zu verdrehen oder zu verschweigen (z.B. durch Verabreichung eines zu entwickelnden „Wahrheitsserums“). Menschenversuche ohne Wissen der Versuchsteilnehmer und natürlich auch ohne deren Einwilligung waren fester Bestandteil des Programms, bei dem an Patienten, Soldaten und Gefängnisinsassen alle möglichen Substanzen, darunter LSD und Mescalin, erprobt wurden und bei denen es zu schweren Gesundheitsschäden und auch Todesfällen kam. Die Vorgänge wurden Mitte der 1970er Jahre durch das Church Commitee des US-Kongresses aufgearbeitet, welches zur Untersuchung der Aktivitäten amerikanischer Nachrichtendienste gegründet wurde. Der Abschlussbericht des Church Committes ist im Internet abrufbar, jedoch wird die komplette Durcharbeitung aufgrund der Länge nur für spezialisierte Wissenschaftler von Interesse sein (116). Dem interessierten Laien mag es genügen, den Wikipedia Artikel zum Church Commitee oder zum MKULTRA-Projekt zu lesen. Natürlich ist bei Wikipedia-Artikeln davon auszugehen, dass gerade solche Artikel über Machenschaften mächtiger Akteure zum Ziel mächtiger Organisationen werden und von diesen modifiziert werden. Dennoch genügen diese Artikel den Glauben zu verlieren, dass die Mechanismen zur Kontrolle von Machtmissbrauch und zum Schutz der persönlichen Freiheit und Selbstbestimmung in modernen Staaten sicher funktionieren.
Wir neigen dazu, dies als geschichtliche Vorgänge der (schlechteren und amoralischeren) Vergangenheit abzutun und gehen davon aus, dass politischen Systeme, auch durch Aufarbeitungsausschüsse wie das Church Commitee, sich seitdem gebessert haben. Dies ist wahrscheinlich eine Täuschung, die durch den allen Menschen innewohnenden Status-Quo-Bias leicht aufrechterhalten werden kann. Wir neigen dazu, den Zustand unserer Gesellschaft, in der wir leben, als gut, gerecht, moralisch und legitim zu erachten (117). Daraus folgt, dass wir diesen Zustand als auch für andere Menschengruppen erstrebenswert ansehen. Dieser Umstand lässt sich hervorragend propagandistisch ausschlachten, gerade heutzutage, da Kriege nicht mehr über rassistische Überlegenheitsmotive propagandistisch begründet werden. In der Kriegspropaganda spielt, neben dem Aufbau eines Feindbildes (böser Diktator), die Idee, man würde den Bewohnern des zu überfallenden Landes die erstrebenswerten Zustände bringen, die man in der eigenen Gesellschaft vorfindet, eine wichtige Rolle (110).
Wir müssen also davon ausgehen, dass auch heutzutage gesetzeswidrige Aktivitäten in großem Maßstab durch mächtige Organisationen aus Politik und Geheimdiensten stattfinden. Solche kriminellen Aktivitäten aufzudecken wird vom Staatsapparat verfolgt (siehe den Umgang mit den prominenten Bürgerrechtlern Julian Assange, Edward Snowden und Chelsea Manning). Es werden also nicht die Menschen, die die eigentlichen Verbrechen begehen, verfolgt, sondern diejenigen, die diese aufdecken und ins Licht der Öffentlichkeit bringen. Berühmt geworden ist Edward Snowdens Zitat „Wenn das Aufdecken von Verbrechen wie ein begangenes Verbrechen behandelt wird, werden wir von Verbrechern regiert“.
Den größten Militärapparat mit dem mächtigsten militärisch-industriellen Komplex haben im beginnenden 21. Jahrhundert die Vereinigten Staaten von Amerika. Entsprechend ist das Militär entweder direkt oder indirekt einer der größten Drittmittelgeber für die Wissenschaften in den USA. Somit darf es nicht überraschen, dass für die modernen gentechnischen Methoden, die gezielte Veränderungen von Organismen und auch des menschlichen Genoms ermöglichen, seitens des US Miltärs ein besonders großes Interesse besteht. Biologische Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Soldaten, z.B. durch Verleihung stärkerer Muskelkraft oder Ausdauer, von geringerem Schlafbedürnis oder besseren Sinneswahrnehmungen (z.B. durch Infrarotnachtsichtvermögen) sind nur einige Anforderungen, die auf der Wunschliste zur Entwicklung des „Universal Soldiers“ stehen. Neben diesen direkten physischen Optimierungsmaßnahmen zur Erhöhung der Kampfkraft stehen sicherlich auch einige psychische Veränderungen, die bei einem genetisch optimierten Soldaten von strategischem Interesse sein dürften, auf der Optimierungswunschliste, darunter die bessere Belastbarkeit und die leichtere Überwindung psychischer Traumata, aber wohl auch die leichtere Steuerbarkeit mit im Kampfeinsatz zuweilen nützlicher Enthemmung und Gewissenlosigkeit. Man kann wohl davon ausgeht, dass derartige Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten oftmals im Verborgenen ablaufen, also der Geheimhaltung unterliegen. Demnach wären die nicht geheimen Programme nur die Spitze des Eisbergs, aber selbst diese ist beachtlich: Allein das Projekt „Living Foundries 1000 Molecules“ zur Suche nach neuen Biomolekülen und biochemischen Werkstoffen zum Aufbau einer Syn-Bio basierten (Verteidigungs-) Industrie hat ein Projektvolumen von 110 Mio. US $ aus den Förderprogrammen des „Department of Defence“(118). (Die Gesamtausgabe für „Verteidigung“ der USA im Jahr 2018 lagen bei 649 Milliarden US-Dollar gefolgt von China mit 250 Milliarden US-Dollar und Saudi Arabien mit 67,6 Milliarden US-Dollar (119). Russland folgt auf Platz 6 mit 61,5 Milliarden US-Dollar und Deutschland auf Platz 8 mit 49,5 Milliarden US-Dollar, wobei die derzeitige deutsche Regierung eine Steigerung der Ausgaben für Waffen auf 80 Milliarden im Jahr 2025 anstrebt, was einer Ausgabenverdoppelung gegenüber 2014 entspräche).